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...ein humorvoller Blick
in die Küche der Webköche

Nein, nein, nein - sie lesen nicht

Immer wieder kommt die Frage und immer wieder ist die Anwort dieselbe. Wie lesen Besucher Webseiten? Gar nicht. Nein, sie tun es einfach nicht. Was sich selbst in Fachkreisen schon rumgesprochen hat, ist bei Unternehmen, die ihre Webseiten textlich selbst bestücken möchten noch immer weitgehend unbekannt: Nein, Besucher lesen keine Texte!

Naja... ab und an schon. Und zwar zur Orientierung auf der Suche nach ihrem individuellen Ziel. Dabei werden Texte überflogen - besser: gescannt. Dabei erfassen die Augen ganze Sätze und gleiten in Schritten (Sakkaden) über den Text. Das Landesinstitut für Erziehung und Unterricht in Stuttgart hat das einmal bildlich dargestellt (hier ansehen). Wen das noch immer nicht so richtig überzeugt, der möge den folgenden Text durchsehen und versuchen, den Sinn zu erfassen:

Wie leesn Behecsur enlnizee Sätze auf Webietsen? Enie nuee Stidue der Cmabridge Uinervtistät ziegt, dsas die Riehenfloge der Bcuhstbaen raitlev eagl ist. Hahpstcaue der etsre und der ltzete Btchuasbe setehn an der reciigthn Sltele - dwizhacsen knan bleieibg gatcesuht wedren! Geaulbn Sie das?

Da haben wir aber ordentlich die Wechsstaben verbuxelt. Aufmerksame "Sanner" unter Ihnen haben sicher bemerkt, das man den Text um so besser versteht, um so schneller man liest. Hexenwerk?

Wer noch immer nicht überzeugt ist, kann hier online selbst Textbuxeln vertauschen lassen. Man gibt dort einen beliebigen Text ein und außer den Anfangbuchstaben werden alle "Innenbuchstaben" zufällig vertauscht. Wer zuviel so verschwurbelten Text konsumiert, bei dem wird möglicherweise nach einiger Zeit die Einnahme schwerer Psychopharmaka notwendig - verstehen läßt sich das Buchstabenroulette aber meist trotzdem ohne Probleme. Die Entdeckung geht auf Graham Rawlinson zurück, der dieses Phänomen 1976 in seiner Dissertation beschrieb und untersuchte. Seither wird sie im Web fälschlicherweise verschiedenen Universitäten zugeschrieben.

Wenn wir nach der Erkenntnis dieses "Scanvorgangs" noch berücksichtigen, dass Text am Bildschirm nur ca. 25% langsamer gelesen werden kann, muss man kein Prophet sein: Lesen im Web (sprich am Bildschirm) macht einfach keinen Spaß. Das Leuchten zwischen den Buchstaben (anders als auf Papier) ermüdet zudem die Augen. Was können wir daraus lernen?

Eigentlich profan: Wenig Text schreiben, anschließend die Hälfte wegkürzen. Dann einen Tag liegen lassen und nochmal um ein Drittel kürzen. Jetzt noch Schlüsselbegriffe in Absätzen fett machen, weil das den Scanvorgang erleichtert und... ja und... dann nicht frustiert sein, wenn der Test zwischen den fetten Worten dann doch meist nicht gelesen wird.

Nun gut - ein paar Besucher lesen ihn schon, aber nur wenn er für sie (Selbststeuerung!) interessant erscheint und nur, wenn er nützlich ist.

Ich hoffe, der Text hier war nützlich... ;-)

Geschrieben in Weblogs Kitchen um 13:13 | Kategorie: Web-Usability

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